Was steckt hinter den neue Nutzungsbedingungen bei WhatsApp

Was steckt hinter den neue Nutzungsbedingungen bei WhatsApp

Schaut man sich die Statistiken der ARD/ZDF-Onlinestudie oder Befragungen des Digitalverbands Bitkom e.V. an, verwenden gut zwei Drittel der Internetnutzer ab 14 Jahre einen Kurznachrichtendienst. Besonders beliebt sind Messenger in den jüngeren Altersgruppen. 82 Prozent der 14- bis 29-jährigen sowie 81 Prozent der 30- bis 49-jährigen nutzen laut Bitkom einen derartigen Dienst. In der Gruppe der 50- bis 64-jährigen liegt die Nutzung bei 59 Prozent und selbst in der Altersgruppe 65+ nutzen immerhin noch 29 Prozent einen Kurznachrichtendienst. Dabei ist WhatsApp der beliebteste Dienst, den fast zwei Drittel (63 Prozent) der Internetnutzer regelmäßig verwenden.

WhatsApp ist ein Messenger-Dienst, der das Versenden von Kurznachrichten, Bildern, Videos und anderen Daten, wie zum Beispiel den eigenen Standort, ermöglicht. Der Dienst wird meist auf einem Smartphone genutzt und die Kommunikation findet in der Regel direkt zwischen zwei Personen oder in Gruppen statt. Für die Nutzung sind das Herunterladen einer App sowie eine Anmeldung mit einer gültigen Telefonnummer notwendig. WhatsApp ist ein kostenloser Dienst, der mittlerweile in über 180 Ländern von fast 1 Mio. Menschen verwendet wird. Anfang 2014 wurde WhatsApp von Facebook übernommen (Quelle: https://faq.whatsapp.com, Stand 14.05.2018).

Seit August 2016 galt für die Nutzung von WhatsApp ein Mindestalter von 13 Jahren. Am 25. April 2018 wurde nun das Mindestalter für Nutzer innerhalb der Europäischen Union wieder auf 16 Jahre angehoben. Der Grund dafür ist die neue Datenschutzgrundverordnung, die Ende Mai in der EU in Kraft tritt. Das heißt, Nutzer müssen mindestens 16 Jahre alt sein, um den Dienst zu nutzen. Bei unter 16-jährigen bedarf es der Zustimmung eines Erziehungsberechtigten, wobei die Umsetzung dieser Zustimmung recht fragwürdig ist. Es existiert lediglich eine Abfrage, die bei der Bestätigung der neuen Nutzungsbedingungen bestätigt werden muss. Ist ein Nutzer noch nicht 16 Jahre alt, muss diese Bestätigung von einem Erziehungsberechtigten, im Namen des Kindes erfolgen, so die Nutzungsbedingungen von WhatsApp. Ob das wirklich so ist, wird nicht geprüft. WhatsApp hat sich mit dieser Methode eine Absicherung geschaffen und kann bei gegebener Notwendigkeit Maßnahmen ergreifen. In der Praxis wird das Mindestalter aber kaum Relevanz haben und auch jüngere Kinder werden ohne große Probleme WhatsApp installieren und nutzen können. Wie aus der aktuellen JIM – Studie hervorgeht, nutzen 91 Prozent der befragten 12- bis 13jährigen WhatsApp.

Woher kommt eigentlich dieses Mindestalter von 13 bzw. 16 Jahren?
Bei den meisten sozialen Netzwerken liegt das Mindestalter bei 13 Jahren. Diese Grenze ist auf geltende Vorschriften in den USA zurückzuführen, dem Ursprungsland, in dem die meisten sozialen Netzwerke gegründet wurden. Dort gibt es das US-Bundesgesetz Schilderns Online Privacy Protektion Act kurz COPPA (deutsch: „Gesetz zum Schutz der Online-Privatsphäre von Kindern“), welches das Speichern persönlicher Daten von Kindern unter 13 Jahren verbietet. Seit dem 25. Mai 2018 gibt es eine Verschärfung des Mindestalters innerhalb der Europäischen Union. Darin heißt es:

„Kinder verdienen bei ihren personenbezogenen Daten besonderen Schutz, da Kinder sich der betreffenden Risiken, Folgen und Garantien und ihrer Rechte bei der Verarbeitung personenbezogener Daten möglicherweise weniger bewusst sind. Ein solcher besonderer Schutz sollte insbesondere die Verwendung personenbezogener Daten von Kindern für Werbezwecke oder für die Erstellung von Persönlichkeits- oder Nutzerprofilen und die Erhebung von personenbezogenen Daten von Kindern bei der Nutzung von Diensten, die Kindern direkt angeboten werden, betreffen.“

Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sieht vor, dass unter anderem die Nutzung von Internetdiensten und Plattformen wie Beispielsweise Facebook, WhatsApp, YouTube und Co. für unter 16-Jährige nur mit elterlicher Zustimmung erlaubt sein soll.
Artikel 8 Absatz 1 der neuen EU-Datenschutz-Grundverordnung enthält dazu die folgende Regelung:
„[…] die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Kindes [ist] rechtmäßig, wenn das Kind das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat. Hat das Kind noch nicht das sechzehnte Lebensjahr vollendet, so ist diese Verarbeitung nur rechtmäßig, sofern und soweit diese Einwilligung durch den Träger der elterlichen Verantwortung für das Kind oder mit dessen Zustimmung erteilt wird“ (EU-Verordnung 2016/679). Diese Ausführung wird jedoch durch den Vermerk ergänzt, dass die Mitgliedstaaten durch entsprechende Rechtsvorschriften eine niedrigere Altersgrenze, jedoch nicht unter 13 Jahren, vorsehen dürfen. Ob einzelne Länder die Altersgrenze herabsetzen und wie weit, wird sich zeigen. Von 16-Jährigen geht man davon aus, dass sie die Tragweite ihrer Entscheidung einschätzen und den Umgang mit ihren Daten selbst abschätzen können.

Kritiker der neuen Verordnung merken an, dass Kindern und Jugendlichen die Nutzung der Dienste erschwert wird. Verbote von Seiten der EU oder der Erziehungsberechtigten seien keine gute Strategie. Stattdessen regen sie die aktive Auseinandersetzung zum richtigen Umgang mit diesen Medien an. Das Hauptproblem liegt meist darin, dass Eltern zum Teil keine Kenntnisse über die Funktion und die Risiken der verschiedenen Onlinedienste haben. In manchen Fällen sind die Kinder in der Nutzung und Kenntnissen der digitalen Medien ihren Eltern weit voraus. Dabei ist es besonders wichtig, dass Eltern der Ansprechpartner für ihre Kinder sind.

Die EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz klickSafe.de bietet einige Handlungsempfehlungen für Eltern an, die auf der Grundlage von Amtsgerichtsentscheidungen beruhen und Eltern als Auflage angetragen wurden (Quelle: klickSafe.de):

  • Eine Nutzung des Messenger „WhatsApp“ von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren stellt grundsätzlich eine Gefahr für ihre Privatsphäre und ihre Entwicklung dar, wenn nicht die Kinder vor jener Nutzung einen ausgeprägten verantwortungsvollen Umgang mit den Funktionen und den Risiken der Anwendung aufgezeigt bekommen haben und wenn sie nicht bereits eine besondere geistige Reife und vorausschauende Sicht im Hinblick auf die Nutzung dieses digitalen, umfassend vernetzten Kommunikationsmediums aufweisen.
  • Eltern sollten daher bei unter 16-Jährigen anhaltend sicherstellen, dass keine Messenger-App mit einer Zwangsvernetzungstechnik (automatische Verknüpfung mit sämtlichen Telefonnummern auf dem Smartphone) auf den Geräten der Kinder und Jugendlichen installiert wird.
  • Regelmäßig, jedoch mindestens alle 3 Monate, sollten die Geräte und die darin installierten Apps überprüft werden.
  • Eltern sollten einmal pro Monat Gespräche über die tatsächliche Nutzung ihrer mobilen Smartphones und der aufgekommenen Fragen oder Probleme führen.

Was macht die Nutzung von WhatsApp so kritisch und wieviel Kontrolle hat WhatsApp über die Daten der Nutzer?
Wenn die App installiert wird, fragt die App nach datenschutzrelevanten Berechtigungen.

  • Adressbuchfreigabe um Kontakte zu lesen und zu ändern
    Diese Berechtigung ist notwendig um automatisch eine Kontaktliste zu erstellen. Es werden dabei alle Kontakte geprüft, ob sie auch ein WhatsApp Konto besitzen. Die Telefonnummer ist bei der Anmeldung zwingend erforderlich und somit kann der Abgleich ohne große Probleme erfolgen. Die Daten werden dazu auf den Servern von WhatsApp in den USA gespeichert und regelmäßig abgeglichen. Der Nutzer hat dadurch den Vorteil, dass er immer sieht, mit welchen seiner Kontakte er über WhatsApp kommunizieren kann. Durch den Standort der Server unterliegen die Daten aber nicht dem deutlich höheren, deutschen bzw. europäischen Standard, sondern den zurzeit in den USA geltenden.
  • Ermittlung des Standortes über GPS, Funkmasten des Mobilfunknetzes oder WLAN
    Über diese Informationen lassen sich unter anderem Bewegungsprofile erstellen oder Orte, an denen man sich häufig aufhält.
  • Telefonstatus und Identität
    Damit können Zusammenhänge und Profile erstellt werden, wer mit wem und wie kommuniziert. Die Zuordnung erfolgt über die eindeutigen Geräte- bzw. Telefonnummern.
  • Nutzung aktiver Apps
    Damit können Informationen gesammelt werden, welche Apps noch verwendet werden um auch daraus die Interessen der Nutzer abzuleiten.
  • Zugriff auf den Speicher, Kamera und Mikrofon, persönliche Informationen, das Internet und die Systemtools

Was macht WhatsApp mit diesen Daten und ist das überhaupt schlimm?
Laut WhatsApp werden Nachrichten, Fotos oder Videos nur so lange gespeichert, wie sie benötigt werden also bis sie abgerufen werden. Spätestens nach 30 Tagen sollen die Daten aber wieder gelöscht werden. Interessanter für den Anbieter sind die sogenannten Metadaten, wie sie weiter oben beschrieben wurden. WhatsApp erstellt daraus Profile und versucht ein sehr genaues Bild von den Nutzern zu bekommen. Dabei ist es WhatsApp bzw. Facebook wichtig, wie die Dienste genutzt werden, um Einblicke in das Kommunikationsverhalten zu erhalten und wie das Kontaktnetzwerk der Nutzer aussieht. Diese Informationen werden mit anderen bekannten Informationen verknüpft und dienen der gezielten Bereitstellung anderer Informationen, wie Werbung oder dem Micro Targeting um Nutzergruppen sehr genau identifizieren und ansprechen zu können.

Die Speicherung der Adressbuchdaten auf den Servern von WhatsApp bietet weiteren Anlass zur Kritik. Diese Praxis verstößt gegen europäisches Datenschutzrecht und ist strafbar. Wer WhatsApp nutzt, erlaubt der App auf die Kontakte aus dem Adressbuch zuzugreifen, die auf dem Gerät gespeichert wurden. Doch die Personen, die sich hinter diesen Kontakten verbergen, haben dieser Verwendung und der Weitergabe an WhatsApp nicht zugestimmt. Somit handelt es sich hier um einen Verstoß gegen den Datenschutz, der von dem Nutzer wissentlich in Kauf genommen wird. Hierzu gibt es schon einige teilweise umstrittene Gerichtsurteile. So wurde die Mutter eines 11-jährigen Sohnes vom Amtsgericht Bad Hersfeld dazu verpflichtet, von allen im Smartphone ihres Sohnes gespeicherten Kontakten, eine schriftliche Einwilligung einzuholen und dem Gericht vorzulegen. Die Begründung des Familienrichters: Wegen der ungeklärten Datenweitergabe durch WhatsApp sei die Nutzung ohne eine solche Einverständniserklärung rechtswidrig und das Kind daher der Gefahr von Abmahnungen ausgesetzt. Das Urteil verwundert nicht nur Experten und verunsichert die Eltern. Die Verantwortung über die Verwendung der Daten wird auf die Nutzer abgewälzt und es werden nicht die eigentlichen Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Fakt ist, dass Abmahnungen zwar möglich, aber unwahrscheinlich sind. So kritisiert der Fachanwalt für IT-Recht Thomas Stadler die Argumentation des Bad Hersfelder Richters, stimmte aber der Beurteilung des Gerichts zu, dass die Datenweitergabe an WhatsApp nicht dem deutschen Recht entspräche. Ob damit aber auch Nutzer des Dienstes eine Rechtsverletzung begehen, sieht er als nicht ausgemacht und die Passage in den Nutzerbedingungen könnte sich nach entsprechenden Klauseln im BGB als unwirksam herausstellen (Quelle: Zeit.de).

Letztendlich müssen Eltern selbst entscheiden, wie sie mit WhatsApp umgehen. Die EU Initiative für mehr Sicherheit im Netz klicksafe.de bietet Mediennutzungsverträge an, die Eltern gemeinsam mit ihren Kindern erarbeiten und zusammenklicken können. In diesem Vertrag können Regeln zum Umgang oder Nutzungszeiten definiert werden. Vorgefertigte Regeln, die leicht verständlich sind, helfen dabei und können nach Belieben angepasst werden. Diese Mediennutzungsverträge sichern Kinder oder Eltern nicht vor Urteilen wie in dem Beispiel des Bad Hersfelder Amtsgerichts, aber sie helfen dabei das Verständnis bei Kindern zu wecken und geben klare Handlungsanweisungen, wie sich das Kind verhalten soll.

Fazit
WhatsApp ist und bleibt ein Sorgenkind, wenn es um Datenschutz geht. WhatsApp hat in der Vergangenheit versucht, mehr Sicherheit für die Nutzer zu bieten indem eine Verschlüsselung der Kommunikation eingebaut wurde. Sicherheitsexperten von Heise Securitybescheinigen, dass diese Verschlüsselung gut umgesetzt wurde und die Nutzer nun besser vor dem Zugriff durch Dritte geschützt sind. Solange aber Metadaten zur Erstellung von Profildaten erhoben und auf den Servern von WhatsApp bzw. Facebook gespeichert werden weiß keiner, was mit diesen Daten heute oder morgen passiert. Im April 2018 wurde von WhatsApp und Facebook noch gesagt, dass kein Datenaustausch von WhatsApp zu Facebook erfolgt. In den aktuellen Nutzungsbedingungen hieß es dann, dass es die Möglichkeit des Austauschs von Daten zwischen beiden Diensten geben kann. Ende Mai 2018 wurde bekannt, dass Metadaten von WhatsApp nun auch an Facebook weitergegeben werden. Was Facebook heute aus diesen Daten macht, ist weitgehend bekannt aber wie sieht es morgen aus? Die Daten sind gespeichert und das Internet vergisst nichts!

Hilfestellung bieten beispielsweise folgende Materialien und Informationsseiten von Klicksafe.de:
klicksafe-Leitfaden: Sicher unterwegs in WhatsApp
klicksafe-Themenbereich WhatsApp
klicksafe-Elternbereich: Tipps für die Nutzung von Sozialen Netzwerken und Messengern
klicksafe-Flyer „Sicherer in Sozialen Netzwerken – Tipps für Eltern“
klicksafe-Flyer „Datenschutz-Tipps für Eltern“
klicksafe-Flyer „Datenschutz-Tipps für Jugendliche“
Handysektor: FAQ zum Datenschutz bei WhatsApp
Mediennutzungsvertrag

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